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Pflichtteilsergänzung

Bedeutung

Wurde der Pflichtteilsanspruch dadurch geschmälert bzw. vollständig ausgehöhlt, dass der Erblasser noch zu Lebzeiten Vermögenswerte an andere verschenkte, so  hat der Pflichtteilsberechtigte einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch.

Jeder der pflichtteilsberechtigt ist, ist auch pflichtteilsergänzungsberechtigt. 

Zunächst sind Schenkungen sämtliche freigebige Zuwendungen des Erblassers durch die eine dritte Person bereichert wird und dafür keine (Schenkung) oder eine im Vergleich zur Zuwendung geringere Gegenleistung (gemischte Schenkung) erhält. Beispielsweise seien folgende Schenkungstatbestände genannt, die Pflichtteilsansprüche auslösen können: Geldgeschenke, Schenkungen von Gegenständen, Grundstücksschenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt bzw. Vorbehalt eines Wohnungsrecht bzw. gegen eine Pflegeverpflichtung, ehebedingte Zuwendungen zwischen Ehepartnern, Abfindungszahlungen für einen Erb- oder Pflichtteilsverzicht oder Schenkung von Betriebsvermögen.

Keine Schenkungen die einen Pflichtteilsanspruch auslösen sind z.B. sogenannte Anstandsschenkungen oder Pflichtschenkungen.  Anstandsschenkungen sind (kleinere) Schenkungen zu Ehrentagen wie z.B. Geburt, Geburtstag, Hochzeit etc. Pflichtschenkungen lösen nur dann keinen

Pflichtteilsergänzungsanspruch aus, wenn sie sittlich geboten waren. Eine Pflichtschenkung liegt z.B. vor, wenn der Erblasser ein Grundstück für langjährige Dienste im Haushalt und Pflege zuwendet oder er Unterhaltszahlungen an nahe Verwandte leistet.

Bei verbrauchbaren Sachen wie z.B. Geld, Wertpapiere wird der Wert  zum Zeitpunkt der Schenkung in Ansatz gebracht und durch Indexierung entsprechend dem Verbraucherpreisindex angepasst. Wegen der Geldentwertung kann daher eine Geldgeschenk aus dem Jahr 2005 in Höhe von 100.000 € bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs bei einem angenommen Todesfall in 2010 mit einem Wert von 108.200 € in Ansatz gebracht werden. Im Jahr 2005 lag der Verbraucherpreisindex bei 100 im Jahr 2010 bei 108.2.

Bei nicht verbrauchbaren Sachen, wie z.B. bei Grundstücken, wird zunächst auf den Verkehrswert zum Zeitpunkt des Erbfalles abgestellt. War der Wert des Grundstückes jedoch bei der Schenkung (Eintragung im Grundbuch) niedriger, so gilt nach dem sogenannten Niederstwertprinzip dieser Wert.

Aufgrund der vielen zu beachtenden Besonderheiten ist hier eine gewissenhafte Berechnung notwendig. Ansonsten verschenkt der Pflichtteilsergänzungsberechtigte hier nochmals unnötig viel Geld.

Sind jedoch beim Erbfall schon 10 Jahre seit der Leistung der Schenkung vergangen, so bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch entfällt vollständig. Schenkungen innerhalb der Zehnjahresfrist dagegen werden berücksichtigt. Früher galt für diese das Alles-oder-Nichts-Prinzip.Bei Erbfällen nach dem 31.12.2009 gilt nunmehr die pro-rata-Lösung bzw. das sog. Abschmelzungsmodell. Demnach werden, je nachdem wie viele volle Jahre von der Schenkung bis zum Erbfall vergangen sind, ein auf 10 Jahre hochgerechneter Wertanteil der Schenkung bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs berücksichtigt. Hat z.B. der im März 2010 verstorbene Erblasser im April 2005 insgesamt 100.000 € verschenkt, so wird die für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruch maßgebliche Schenkung wegen der zwischenzeitlich 4 vollständig abgelaufenen Jahre um 4/10 abgeschmolzen. Die Schenkung wird dadurch nur noch mit 60.000 € (6/10) berücksichtigt und indexiert. Aber Achtung! Je nachdem, wie die Schenkung ausgestaltet ist bzw. wer der Empfänger der Schenkung war, beginnt die Zehnjahresfrist zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt zu laufen an.

Bei Eheleuten und bei eingetragenen Lebenspartnern ist für den Beginn der Zehnjahresfrist nicht der Zeitpunkt der Schenkung, sondern der Zeitpunkt der Scheidung maßgebend. Waren der oder die Beschenkte zum Zeitpunkt des Todes noch mit dem Erblasser verheiratet bzw. verpartnert, so hat die Zehnjahresfrist daher noch gar nicht begonnen.

Ebenso beginnt die Zehnjahresfrist bei einer Schenkungen eines Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt in der Regel erst dann zu laufen, wenn der Nießbrauch wegfällt. Also erst mit dem Tod des Nießbrauchsberechtigten.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnet sich nach folgendem Modus:

  • zunächst ist der Nachlass ohne Berücksichtigung von Schenkungen zu bestimmen (realer Nachlass) und hieraus der ordentliche Pflichtteil (je nach Pflichtteilsquote) zu berechnen;
  • anschließend werden dem realen Nachlass alle Schenkungen zugerechnet und so der fiktive Nachlass gebildet;
  • aus dem fiktiven Nachlass wird der Gesamtpflichtteil (je nach Pflichtteilsquote) berechnet;
  • nunmehr wird noch der ordentliche Pflichtteil vom Gesamtpflichtteil abgezogen und als Ergebnis erhält man den Ergänzungspflichtteil.

Verkürzt könnte man auch einfach den Ergänzungspflichtteil aus dem Schenkungswert berechnen. In bestimmten Konstellationen würden dann allerdings unbrauchbare Ergebnisse herauskommen.

Da der Pflichtteilsergänzungsanspruch juristisch und mathematisch kompliziert zu berechnen ist, empfiehlt es sich hier immer, einen auf Erbrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen.

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