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Pflichtteil

Mindestteilhabe am Nachlass

Der Pflichtteil als Mindestbeteiligung am Nachlass

Der Pflichtteil und das Pflichtteilsrecht sind eine nicht unerhebliche Einschränkung des Erblassers im Rahmen seiner letztwilligen Verfügungen im deutschen Erbrecht. Wird ein naher Angehöriger vom Erblasser enterbt oder unzureichend bedacht, kann dieser gegen die Erben den Pflichtteil geltend machen, was mitunter zu Liquiditätsproblemen, aber vor allem auch zu einer nicht zu unterschätzenden psychischen Belastung für die Erben führen kann. So werden auch beim gemeinschaftlichen Testament wie z.B. dem klassischen Berliner Testament, bei dem sich die Ehegatten zunächst für den ersten Erbfall zu Alleinerben einsetzen, zunächst die Kinder für diesen ersten Erbfall enterbt und haben damit einen Pflichtteilsanspruch gegenüber dem überlebenden Ehegatten.

Pflichtteilsberechtigte; Berechnung des Pflichtteils

Wer beim Erbfall als Abkömmling (Kind, Enkelkind, usw.), Elternteil oder Ehegatte leer ausgegangen ist hat, wenn er ohne Testament nach der gesetzlichen Erbfolge gesetzlicher Erbe geworden wäre, einen Pflichtteilsanspruch gegenüber dem/den Erben. Eingetragene Lebenspartner können bei einer Enterbung ebenfalls den Pflichtteil verlangen. Stiefkinder und Geschwister des Verstorbenen gehören dagegen nicht zu den Pflichtteilsberechtigten. Die Eltern sind nur dann pflichtteilsberechtigt, wenn keine Abkömmlinge da sind. Enkel und Urenkel erhalten nur dann einen Pflichtteil, wenn deren Eltern, sprich die Kinder bzw. Enkel des Erblassers, schon vor dem Erblasser verstorben sind. Berechtigte erfahren in der Regel über das Nachlassgericht, dass sie zum Kreis der potentiellen Erben gehören. Ausnahmsweise besteht auch dann ein Pflichtteilsanspruch, wenn von einer an sich erbenden pflichtteilsberechtigten Person das Erbe ausgeschlagen wird oder wenn das Erbe bzw. ein Vermächtnis geringer ausfallen würde, als ein Pflichtteilsanspruch (Pflichtteilsrestanspruch). 

Die Höhe des gesetzlichen Pflichtteils entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Höhe der Pflichtteilsforderung hängt im Wesentlichen von der gesetzlichen Erbquote des Pflichtteilsberechtigten und der Gesamthöhe des Nachlasses ab. Einem enterbten Ehepartner stünde in einer Zugewinngemeinschaft bei zwei Kindern somit ein Viertel des Wertes des Nachlasses als Pflichtteil zu. Bei einem Vermögen von 100.000 Euro wäre dies ein Betrag in Höhe von 25.000 Euro. Die beiden alleinerbenden Kinder müssten diese Summe dann an die Mutter oder den Vater ausbezahlen. Der Pflichtteil wird jedoch nur in Form von Geld beglichen. Der Pflichtteilsberechtigte kann daher vom Erben nicht verlangen, bestimmte Gegenstände aus dem Nachlass bzw. der Erbschaft zu erhalten.

Nachlassbestand

Wichtig beim Pflichtteil ist es, die konkrete Höhe des Nachlasses zu bestimmen. Klassischerweise wird hier der Aktiv- und der Passivbestand unterschieden und miteinander verrechnet.

Aktivbestand des Nachlasses

Die für den Pflichtteil erheblichen Aktiva bestehen aus sämtlichen Vermögenswerten des Erblassers, also u.a. Immobilien, Pkw, Bank- und Wertpapierguthaben, Forderungen, etc.. Voraussetzung ist jedoch, dass diese Rechtspositionen vererblich sind. Nicht berücksichtigungsfähig sind daher beispielsweise Wohnungsrechte und Unterhaltsansprüche. Ansprüche aus Lebensversicherungen fallen nur dann in den Nachlass, wenn kein Bezugsberechtigter benannt ist. Existiert ein Bezugsberechtigter ist im Rahmen des Pflichtteilsergänzungsanspruchs die Lebensversicherung dann in Höhe ihres Rückkaufswertes zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Nachlasses für den originären Pflichtteilsanspruch spielt die Lebensversicherung jedoch in einem solchen Fall keine Rolle. Existiert dagegen kein Bezugsberechtigter und die Versicherungssumme fällt in den Nachlass, ist sie auch Basis für die Kalkulation des Pflichtteils.

Passivbestand des Nachlasses

Zur Berechnung des für den Pflichtteil maßgeblichen Nachlasses ist vom Aktivbestand der Passivbestand abzuziehen. Der verbleibende Überschuss ist dann Basis für die Pflichtteilsberechnung. Typische berücksichtigungswürdige Passivkosten sind die sogenannten Erblasserschulden. Hierunter versteht man Schulden, die der Erblasser eingegangen ist und die vererblich sind. So zum Beispiel Zahlungspflichten aus Verträgen, Steuerschulden, Kreditverbindlichkeiten.

Auch die sogenannten Erbfallschulden sind vom Aktivbestand des Nachlasses in Abzug zu bringen. Hierbei wird die Einschränkung gemacht, dass diese zumindest auch im Interesse des Pflichtteilsberechtigten beglichen werden, bzw. ihn auch dann getroffen hätten, wenn er selbst gesetzlicher Erbe geworden wäre. Hier sind zu nennen die Kosten der Beerdigung oder Kosten der Auskunftserteilung und Wertermittlung im Rahmen des geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs. Nicht abzuziehen sind dagegen beispielsweise die Kosten der dauernden Grabpflege, Verbindlichkeiten der Erben aus Vermächtnissen und Auflagen des Erblassers, Kosten der Testamentseröffnung, Kosten der Erbscheinserteilung, u.s.w.

Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen

Das Gesetz unterscheidet im Wesentlichen zwei Arten des Pflichtteilsanspruchs: Den sog. ordentlichen Pflichtteilsanspruch, der aus dem Wert des zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Nachlass berechnet wird. Zum anderen den sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch, der aus dem Wert bestimmter Schenkungen des Erblassers ermittelt wird. Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird. Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

Auskunft des Erben

Damit der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch der Höhe nach bestimmen kann, gibt ihm das Gesetz einen umfassenden Auskunftsanspruch, wobei der Erbe eigenes Wissen über alle positiven und negativen Vermögenswerte bekannt geben muss, die sich im Nachlass befinden. Er muss sich darüber hinaus Wissen verschaffen und dem Pflichtteilsberechtigten das Ergebnis zumutbarer Recherchen übermitteln. Es besteht keine Möglichkeit, beispielsweise zu den Kontoständen am Todestag, direkt bei den Kreditinstituten des Erblassers Informationen einzuholen. Der Pflichtteilsberechtigte ist – anders als beispielsweise im portugiesischen, spanischen oder schwedischen Erbrecht – kein Erbe und tritt somit nicht in die Rechtsposition des Verstorbenen ein. Die Banken sind ihm gegenüber deshalb nicht auskunftspflichtig. Sie würden vielmehr gegen die Verschwiegenheitspflicht gegenüber den Erben verstoßen, falls Sie Informationen an Dritte weitergeben würden. Der Pflichtteilsberechtigte kann Auskunft verlangen über den realen Nachlassbestand, also die Nachlassaktiva und die Nachlasspassiva. Zudem besteht die Möglichkeit, die Erben zur Informationserteilung hinsichtlich des sogenannten fiktiven Nachlassbestandes aufzufordern. Hierbei handelt es sich um die hinzuzurechnenden Schenkungen im Rahmen des Pflichtteilsergänzungsanspruchs sowie die möglicherweise ausgleichungspflichtigen Zuwendungen. Die Pflicht zur Vorlegung von Belegen besteht nach herrschender Meinung beim Auskunftsanspruch zum Pflichtteil allgemein nicht. Eine Ausnahme bildet das Vorhandensein eines Unternehmens im Nachlass. Hier wird eine Belegpflicht angenommen. Es gibt unterschiedliche gesetzliche Formen der Auskunftserteilung beim Pflichtteil. So kann beispielsweise ein privates Bestandsverzeichnis, aber auch ein notarielles Verzeichnis verlangt werden. Hierbei wird von dem Notar im Allgemeinen verlangt, dass er den Nachlass persönlich in Augenschein nimmt, Bankauskünfte einholt und im örtlichen Grundbuchamt nachforschen soll. Bei Unregelmäßigkeiten des Verzeichnisses kann verlangt werden, dass die auskunftsverpflichteten Erben eine Erklärung an Eides statt abgeben.

Nachlassverzeichnis

Der Erbe muss alle Gegenstände (auch Hausratsgegenstände) auflisten und alle für die Bewertung einzelner Positionen erheblichen Faktoren mitteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann sogar verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen wird. Die Wertermittlung und Bewertung von Immobilien und Unternehmen ist oftmals das wirtschaftliche Herzstück des Pflichtteilsrechts. Pflichtteilsberechtigte wie Erben sollten daher unbedingt einen auch in Bewertungsfragen versierten Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Rechte beauftragen, zumindest wenn Grundstücke, Beteiligungen oder Unternehmen einen nicht unerheblichen Teil des Nachlasses ausmachen.

Wertermittlung

Schließlich hat der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch gegenüber dem Erben, dass der Wert einzelner zum Nachlass gehörender Gegenstände auf Kosten des Nachlasses durch einen Sachverständigen ermittelt wird (Wertermittlungsanspruch). Die Kosten der Wertermittlung trägt der Nachlass. Wie erläutert wird diese Position bei der Errechnung des Pflichtteils in Abzug gebracht und reduziert damit verhältnismäßig auch den Pflichtteil.

Die Wertermittlung und Bewertung von Immobilien und Unternehmen ist oftmals das wirtschaftliche Herzstück des Pflichtteilsrechts. Pflichtteilsberechtigte wie Erben sollten daher unbedingt einen in Bewertungsfragen versierten Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Rechte beauftragen, wenn Grundstücke, Beteiligungen oder Unternehmen einen nicht unerheblichen Teil des Nachlasses ausmachen.

Verzinsung

Der Pflichtteil wird sofort, also mit Eintritt des Erbfalls, fällig. Es ist also nicht erforderlich, dass der Erbteil auch der Höhe nach beziffert werden kann. Ist aber ein Anspruch fällig, dann kann durch eine Mahnung erreicht werden, dass neben dem Pflichtteil selbst auch Verzugszinsen geschuldet sind. Für eine solche Mahnung ist nicht erforderlich, dass der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil bereits beziffern kann. Dieser kann vielmehr unter Fristsetzung abstrakt gemahnt werden. Geschuldet werden Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.

Verjährung

Der Pflichtteilsanspruch verjährt in drei Jahren. Die Verjährung beginnt am Schluss des Jahres, in dem der Erblasser starb und zudem der Pflichtteilsberechtigte von seiner Pflichtteilsberechtigung (vom Tod des Erblassers) sowie von der ihn enterbenden Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) Kenntnis erlangt. Beim Pflichtteilsergänzungsanspruch existiert eine Besonderheit, wenn der zu Lebzeiten Beschenkte für den Anspruch haftet, weil der verbliebene Nachlass hierfür nicht ausreicht. In diesem Fall beginnt für die Haftung des Beschenkten eine dreijährige Verjährungsfrist am Todestag des Verstorbenen. Dies gilt auch, wenn der Beschenkte durch den Erblasser beerbt wurde.

Unsere Leistungen im Zusammenhang mit dem Pflichtteil:

  • Gestaltung testamentarischer Enterbungen
  • Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen und Pflichtteilsergänzungsansprüchen
  • Durchsetzung und Abwehr von Pflichtteilsansprüchen, Auskunfts- und Wertermittlungsansprüchen enterbter Angehöriger
  • Prüfung von Pflichtteilsentziehungsgründen
  • Gestaltung und Prüfung von Pflichtteilsverzichten und Erbverzichten
  • Beratung zur erbschaftsteuerreduzierenden Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen (Korrektur Berliner Testament

Haben Sie Fragen zum Pflichtteil? Rufen Sie uns jetzt für ein kostenloses telefonisches Erstgespräch unter 0951 / 98 60 50 an.

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