15.05.2017 OLG Hamm - Testamentsvollstrecker als Ergänzungspfleger

Leitsätze

1. Der Erblasser kann grundsätzlich rechtswirksam verfügen, dass der Testamentsvollstrecker zugleich Ergänzungspfleger für den minderjährigen Erben in Bezug auf das ererbte Vermögen sein soll. Die Bestellung als Ergänzungspfleger scheidet nur dann aus, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die berufene Person als Ergänzungspfleger des Minderjährigen dessen Belange in Bezug auf den Nachlass nicht ordnungsgemäß wahrnehmen wird.

2. Widerspricht der Minderjährige der Bestellung der vom Erblasser als Ergänzungspfleger berufenen Person, so steht dies deren Bestellung nicht grundsätzlich entgegen. Es entfällt aber die Bindung des Gerichts an die Benennung durch den Erblasser, so dass dem Gericht ein Ermessen bei der Auswahl des Ergänzungspflegers eingeräumt ist.

Sachverhalt

Die verstorbene Erblasserin hatte ihre minderjährigen Kinder zu ihren Alleinerben bestimmt. Um zu vermeiden, dass ihr geschiedener Ehemann über die gemeinsamen Kinder Zugriff auf ihr Vermögen erhält, hatte sie testamentarisch angeordnet, dass ihr Bruder sowohl zum Testamentsvollstrecker als auch zum Ergänzungspfleger bestellt werden soll. Nach dem Tod der Erblasserin wurde der Bruder zum Testamentsvollstrecker bestellt. Das Familiengericht hatte, nachdem die Tochter der Erblasserin der Bestellung des Bruders zum Ergänzungspfleger widersprochen hatte, für diese eine Ergänzungspflegschaft angeordnet mit dem Aufgabenkreis „Wahrnehmung der Rechte des Kindes gegenüber dem Testamentsvollstrecker“. Zum Ergänzungspfleger hatte das Familiengericht das Jugendamt bestellt. Gegen diesen Beschluss hatte der Bruder dann Beschwerde eingelegt.

Fazit

Sind minderjährige Kinder vorhanden, wird man bei der Erstellung eines Testaments über die Anordnung einer Testamentsvollstreckung nachdenken müssen. Gerade in Patchworkkonstellationen wird auch überlegt, den Zugriff des geschiedenen Ehepartners auf das für die gemeinsamen Kinder zur Erbschaft anstehende Vermögen insgesamt dadurch zu verhindern, dass insoweit zum einen der geschiedene Ehegatte von der Vermögenssorge ausgeschlossen wird und zum anderen eine dritte Person als Ergänzungspfleger bestimmt wird. Die einfachste Lösung ist die Personenidentität zwischen Testamentsvollstrecker und Ergänzungspfleger. Die Zulässigkeit dieser Personenidentität wurde durch die Entscheidung des OLG Hamm nun grundsätzlich nochmal bestätigt. Die vom Erblasser bestellte Person kann bei der Pflegerauswahl ohne ihre Zustimmung nur unter den Voraussetzungen des § 1778 BGB übergangen werden; also u.a. dann, wenn der Minderjährige, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, der Bestellung widerspricht. Ein erfolgter Widerspruch des minderjährigen Kindes führt dann auch nicht zwingend dazu, dass der im Testament benannte Dritte nicht Ergänzungspfleger werden kann. Das Gericht ist dann jedoch an die Benennung durch den Erblasser nicht gebunden, sondern hat eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Es soll eine Person ausgewählt werden, die nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist; der mutmaßliche Wille der Eltern ist hierbei zu berücksichtigen.